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Predigt

Begrüßung und Predigt im Gottesdienst am 23.2.2024

Begrüßung
 
Ich begrüße Sie herzlich zum ersten Gottesdienst in diesem Jahr! 
Wir gehen auf den 2.Sonntag der Passionszeit zu, Reminiscere. Das Wort ist lateinisch, und bedeutet „erinnere dich“. Es bezieht sich auf einen Psalm der Liturgie, aus dem wir nachher auch Verse sprechen werden, nämlich Psalm 25,6: „Gott, erinnere dich, dass du barmherzig bist.“
 
Das ist sicher ein Aufschrei, in den wir einstimmen können, wenn wir sehen, wie es in der Welt zugeht: „Gott, erinnere dich, dass du barmherzig bist, und mach den Kriegen ein Ende.“
Aber auch in unserem persönlichen Leben können wir sagen: „Gott, erinnere dich, dass du barmherzig bist, und nimm mir meine Last ab.“
Wir tragen Lasten – und die können wir hier und heute zu Gott bringen. Lasten, die uns andere Menschen auferlegt haben, oder die wir uns selbst auferlegt haben, oder die durch Krankheit verursacht werden, von der wir nicht wissen, woher sie kommt. Aber auch Alter und Sterben können Lasten sein, und diese haben wir zu bestehen, weil wir Menschen sind. Deshalb sind sie für uns eine Aufgabe. Aber auch dazu brauchen wir Gottes Barmherzigkeit.
 
Mir ist es ein Anliegen, eine Kerze auf den Altar zu stellen für unsere Freundin Emmy aus Dänemark, die kürzlich verstorben ist. Dort stehen noch 4 weitere Kerzen, denn seit dem letzten Gottesdienst sind noch 4 weitere Personen aus unserem direkten Umfeld verstorben. (Hier wurden die Namen der Personen genannt.) 
 
Wenn wir Gott an seine Barmherzigkeit erinnern, erleben wir ganz bewusst, dass wir auf ihn angewiesen sind. Wenn er sich uns nicht zuwendet, sind wir verloren. Wir sind auf seinen Segen angewiesen, dieser Tatsache können wir uns ganz bewusst stellen, wenn wir Gottesdienst feiern.
 
Das Wort „segnen“ kommt auch aus dem Lateinischen, von cruce signare.
Cruce heißt „mit dem Kreuz“.  Signare (vgl. Signal) kommt von signum, „Zeichen“. Also bedeutet cruce signare „mit dem Kreuz bezeichnen“. 
Da geht es nicht nur um Worte, sondern um eine Handlung. Wir werden mit Jesu Kreuz bezeichnet, wenn wir gesegnet werden. Also mit allem, was Jesus für uns getan hat. Wir werden bezeichnet mit dem, was Jesus für uns getan hat – seine Liebe, sein Friede, seine Heilung – also seine lebensspendende Macht. Jesus schenkt Leben. Wenn wir mit Jesus leben, können wir diesen Segen an andere weitergeben und zu Lebensspendern werden.
 
Und so stellen wir uns unter das Zeichen des Kreuzes: Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes, und der Heiligen Geistkraft. Amen. 
(schlägt das Kreuzzeichen)
 
 
 
Predigt
Predigttext: 4.Mose 21,4-9
 
Die Israeliten befinden sich auf ihrer 40-jährigen Wanderschaft.
Miriam und Aaron sind verstorben.
 
Die Edomiter wollen sie nicht durch ihr Gebiet ziehen lassen. Alle Verhandlungen, die Israel geführt hat, waren umsonst. Selbst das Versprechen, nur auf der Hauptroute zu bleiben, und sich weder am Wasser, noch an irgendwelchen anderen Gütern zu bedienen, sondern dafür zu bezahlen, wurde abgelehnt.
So bricht Mose mit dem Volk auf und nimmt einen Umweg um Edom herum. Dabei müssen sie wieder durch die Wüste ziehen.
Die Wanderschaft neigt sich ihrem Ende zu, aber das wissen die Israeliten noch nicht. Mose wird kurz danach versterben. Es ist ja auch klar für alle, dass er nicht mit dem Volk ins Gelobte Land ziehen wird. Miriam und Aaron sind schon verstorben. Es bahnt sich ein Generationswechsel an. 
 
In dieser Situation geht es jetzt also wieder auf einem Umweg durch die Wüste. Das Volk hat es satt, schon wieder ein Umweg. Schon wieder Wüste. Ihr Unmut zeigt sich an ihrem Gemecker über das Essen. Luther übersetzt das hebräische Wort „tikzar“ mit „verdrossen“. Die Bibel in Gerechter Sprache übersetzt „kurzatmig“. 
Wir würden heute wohl sagen: Das Volk war frustriert. Da fällt es dann auch schwer, nach vorne zu schauen. Lieber schon zurück: Damals in Ägypten war alles besser. Sogar das Himmelsbrot, das Manna, nennen sie „Würgebrot“!
 
Vers 6: „Da schickte Adonai gegen das Volk die Schlangen, die Brandnattern…“
Im Hebräischen stehen hier die Worte nechaschim und serafim für die Schlangen. 
 
In Jesaja 6 stand Jesaja im Tempel vor Gottes Thron, und die Serafim-Engel standen auch im Tempel. Einer der Serafim-Engel flog zu Jesaja und berührte dessen Mund mit einer glühenden Kohle. Dadurch wurde  Jesajas Sünde gesühnt, und er war nicht mehr schuldig vor Gott. So konnte er sich in der Gegenwart Gottes aufhalten, ohne zu sterben.
Das Feuer, das von den Serafim ausgeht, kann sowohl reinigende Wirkung haben, wie bei Jesaja, als auch tödlich sein, wie bei den Schlangen, die das Volk Israel bissen.
 
Der Tod vieler Menschen führte zu einer Umkehr im Volk und zur Fürbitte von Mose.
 
Hier handelte Gott jetzt anders, als er es früher getan hatte. Er nimmt die Schlangen nicht einfach weg. Dadurch, dass Mose eine Schlange herstellt, und auf einen Stab montiert, wird den Menschen ein Symbol vor Augen gehalten, das sie daran erinnert, worin ihr „Versagen“ besteht. So können sie diesen Vorfall nicht einfach wieder vergessen, nachdem Gott sie wiederhergestellt hat.
 
Die jüdischen Gelehrten haben sich Gedanken darüber gemacht, wodurch die Menschen bei einem Schlangenbiss geheilt wurden. Kann die Schlange heilen? Das war eine wichtige Frage, die unbedingt geklärt werden musste. Denn es ging ja nicht an, dass die Menschen anfingen, die Schlange anzubeten.
 
Der Babylonische Talmud ist eine Sammlung alter Auslegungen. Dort heißt es:
„Konnte denn die Schlange töten oder am Leben erhalten? Vielmehr wenn Jisraél nach oben schaut und sie ihr Herz ihrem Vater im Himmel unterwerfen, so genesen sie, wenn aber nicht, so siechen sie dahin.“
 
Es gibt in der Bibel etliche Stellen, wo von Schlangen die Rede ist, aber auch nicht sehr viele. Es wäre schön, sie zusammenzutragen und zu schauen, ob sie für unseren Abschnitt hilfreich wären zur Klärung, und ob es da einen Zusammenhang gibt.
 
Eine Stelle (Jesaja 6,5) habe ich ja schon benannt.
 
·        Sündenfall. Die Schlange verführt zum Abfall von Gott (1.Mose 3,9)
·        Der Evangelist Johannes vergleicht die aufgerichtete Schlange mit dem erhöhten Menschensohn Jesus am             Kreuz (Johannes 3,14)
·        Paulus bezieht sich auf die todbringenden Bisse der Schlangen, wenn er das murrende Volk Israel als                      Negativ - Beispiel für die Abkehr von Christus gibt (1.Korinther 10,9).
 
Eine jüdische Erzählung knüpft die Verbindung zwischen der Schlange in unserem Text und der Schlange im Paradies: 
„Gott hat die Schlange im Paradies verflucht, dass sie auf der Erde kriechen und Staub fressen muss. Gott hat sein Volk Israel aus Ägypten befreit und ihnen das Manna, das Himmelsbrot, geschickt, und sie murrten darüber. Deshalb ist die Schlange gekommen, die über ihr Schicksal nicht gemurrt hat und herrscht über das Volk Israel, das wegen seiner Nahrung gemurrt hat." 
 
 
(Der Gesprächsteil wurde hier nicht wiedergegeben. Nachschrift des Predigtkonzeptes, aber es gilt das gesprochene Wort)

Impulse während des Bibelgesprächs im Gottesdienst am 11.8.2023 von Schwester Martina

5.Mose 4, 1-20
 
EINLEITUNG
Am Sonntag ist Israelsonntag. Dabei gedenken wir Christen der bleibenden Erwählung Israels. Diese Erwählung wurde seitens der Kirche den Juden jahrhundertelang abgesprochen. Der Israelsonntag liegt in der Zeit des 9.Aw im jüdischen Kalender. Das ist ein Fastentag im Gedenken an die Zerstörung des Jerusalemer Tempels durch die Römer am 9.Aw im Jahre  70 n.Chr.
 
Der Bibeltext für den Israel-Sonntag ist ein Abschnitt aus der Tora, den 5 Büchern Mose (5.Mose 4, 1-20)
Die Situation des Bibeltextes ist folgende: Die Israeliten sind mit ihrem Anführer Mose 40 Jahre lang durch die Wüste gewandert. Am Berg Horeb/ Sinai sind sie Gott begegnet. Dort hat Gott ihnen die 10 Gebote offenbart. Alle weiteren Gebote hat Gott am Horeb nur Mose offenbart. Mose soll diese Gebote an seinem Todestag dem Volk übergeben, bevor das Volk die Grenze des verheißenen Landes überschreitet. 
 
Es stellt sich die Frage, was dieser Text uns als Christen zu sagen hat. Er richtet sich nur an das Volk Israel. Er ist in eine historische Situation hineingesprochen. Gibt es etwas, das auch für uns als Christen wichtig sein könnte? 
 
[Hier wurde der Text gelesen. Anschließend wurde zusammengetragen, was den Einzelnen aufgefallen oder wichtig geworden ist.]
 
IMPULSE ZU EINZELNEN TEXTABSCHNITTEN

5.Mose 4,4: „Ihr aber, die ihr an Adonai, eurer Gottheit, gehangen habt, …. Ihr, die ihr an dem Ewigen, eurem Gott, haftet, seid heute alle am Leben.“
 
Was bedeutet es, an Gott zu hängen, bzw. an Gott zu haften?
Das drückt eine starke, fast symbiotische Verbindung mit Gott aus. Das geht über das einfache Erfüllen der Gebote hinaus. Es geht um die Herzensbeziehung. Vom Wortstamm her ist es das gleiche Wort wie in 1.Mose 2,24: „Deshalb wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und sich mit seiner Frau verbinden. Sie werden ein Fleisch sein.“
Wortübersetzung: „Deshalb wird verlassen ein Mann seinen Vater und seine Mutter und wird anhangen seiner Frau und sie werden zu Fleisch einem.“
 
Gott möchte eine persönliche Beziehung. Er ist der einzige Gott, der seinem Volk in einer persönlichen Ansprache begegnet und einen Bund macht.
 
5.Mose 4, 5-8:
In V.5 geht es, so wie in V.1, um die Lehre. Nämlich darum, die Bestimmungen und Rechts-sätze zu lernen und zu befolgen. Im Hebräischen steht hier chuqqim umischpatim. Luther übersetzte „Gebote und Rechte“. Andere Übersetzungen: „Satzungen und Vorschriften“ (Leopold Zunz), „Gesetze und Rechte“ (Moses Mendelssohn). 
V. 8 sagt aus, dass beide, sowohl die Satzungen, als auch die Vorschriften gerecht sind. Mose sagt (V6): „Beachtet sie und richtet euch danach! Sie machen eure Weisheit (Klugheit) und Vernunft (Einsicht) in den Augen der Völker aus, die diese Bestimmungen hören. Sie werden sagen: Was ist dies nur für ein weises (kluges), verständiges (einsichtiges) und großes Volk.“
 
In der Tora stehen chuqqim und mischpatim häufig nebeneinander. Aber der Unterschied zwischen ihnen ist nicht klar. Es gibt dazu verschiedene Theorien. 
Eine, die mich sehr anspricht, benennt Gunter Plaut, ein heutiger amerikanischer Gelehrter. Er sagt, dass es bei den chuqqim um die Beziehung des Menschen zu Gott geht, zur Welt und zu sich selbst. Bei den mischpatim geht es um die Beziehung des Menschen zu seinen Mitmenschen, wie es im Zivil- und Strafrecht festgelegt ist. Die mischpatim, also die Rechte und Vorschriften, sind verständlich und nachvollziehbar. Das ist der Grund, warum die Völker das Volk Israel bewundern.
 
Während die chuqqim, also Gebote, Satzungen z.T. nicht nachvollziehbar sind. Warum z.B. ist der Verzehr von Schweinefleisch nicht gestattet? Die chuqqim dienen dazu, das Volk für Gott auszusondern, zu heiligen. Die mischpatim sind das, was in den Augen der Völker als weise angesehen wird.
 
Für Weisheit ist mir eine schöne Definition begegnet: „Weisheit ist die Fähigkeit des Menschen, die Wirklichkeit als geordnetes Sein zu erkennen, und sich in diese Ordnung verstehend und handelnd einzufügen.“ (Beate Ego)
 
Wenn wir uns jetzt noch bewusst machen, dass die Gebote Gottes mit der Schöpfungsordnung identisch sind, so geht es darum, dass wir uns in unserem Zusammenleben und unseren Beziehungen in diese Schöpferordnung hineinbegeben, verstehend und positiv handelnd, also nicht zerstörend. Das wäre weise nach der eben genannten Definition.
 
Vielleicht tauchen Fragezeichen auf bei der Behauptung, dass die Tora mit der Schöpfungsordnung identisch ist. Der Rabbiner Lawrence Kushner, der des Öfteren hier zitiert wurde, beschreibt das so, dass Gott mit der Tora als Blaupause die Schöpfung gemacht hat. Die Tora ist das Wort Gottes: „Gott sprach, und es geschah.“
 
Darum ist für gläubige Juden die Tora der Ort, wo sie Gott begegnen. Das Wort ist für sie lebendig, und deshalb ist es so wichtig, dass jeder dieses Wort kennt, studiert. Dort findet die Begegnung mit Gott statt, denn einen Tempel gibt es nicht mehr.
Wenn also die Tora dem Schöpfungsplan Gottes entspricht, dann ist sie für den ganzen geschaffenen Kosmos gültig. So ist sie auch für uns von Bedeutung
 
Jesus begegnet uns im Neuen Testament nicht nur als Weisheitslehrer. Dem Evangelisten Johannes ist es wichtig, zu Beginn seines Evangeliums zu formulieren, dass der Messias immer schon da war, und dass der Messias, das Wort Gottes, der Schöpfungsplan und die Weisheit, eins sind.
 
Noch eine andere Sache ist mir wichtig in Bezug auf 5.Mose 4,5:
In einer Übersetzung heißt es: „Siehe, ich lehre euch die Bestimmungen und Rechtssätze, so wie sie Adonai, mein Gott, mir aufgetragen hat. Ihr sollt euch danach richten, dort innerhalb des Landes, in das ihr kommt, um es in Besitz zu nehmen.“
Israel ist somit das einzige Volk auf der Erde, das Gesetze hatte, bevor es ein Land besaß. Die Gesetze dienen nicht dazu, ein Volk, das in einem Land lebt, als Nation zu festigen und zu erhalten. Sondern die Gesetze und Gebote sind, wenn sie eingehalten werden, die Voraussetzung, in dem Land leben zu können. Jedes andere Volk wird ein Volk durch sein Land und schafft sich dann Gesetze für sein Land. Israel ist ein Volk durch das Gesetz und erhält ein Land, damit das Gesetz dort gilt und geachtet wird.
 
Ab V.15-20 geht es darum, keine anderen Götter zu machen und anzubeten, und auch von Gott kein Bild herzustellen. In V.15 wird noch einmal an die Begegnung mit Gott am Berg Horeb verwiesen: „Schließlich habt ihr an dem Tag, als Adonai, Gott für euch, am Horeb aus der Mitte des Feuers redete, keine Gestalt gesehen!“ Aber sie haben Gott gehört. Gott hat mit ihnen gesprochen. Vielleicht ist deshalb das Wort so wichtig.
 
In unserem Textabschnitt tauchen die Wörter hören, achten, lehren, lernen“ immer wieder auf. Vielleicht gibt es deshalb das Verbot, Gott darzustellen, weil einem Gott immer ein bestimmter Bereich zugeordnet wird und z.B. in einer Figur mit dargestellt wird. So gibt es ja bei den Griechen einen Kriegsgott, eine Göttin für die Fruchtbarkeit, usw. Aber wie ist ein einziger Gott, der für alles da ist? Das ist nicht darstellbar, weil es alle menschlichen Vorstellungen übersteigt.
 
Auch wenn die Tora die Lehre Israels ist, und die Grundlage seines Rechts, können wir uns von ihr belehren lassen, auch wenn wir selbst nicht am Fuß des Berges gestanden haben. Das Neue Testament wurde von Judenchristen verfasst, die z.T. Augenzeugen Jesu waren. Sie griffen zurück auf das Erste, das „Alte“,  Testament, um die Bedeutung Jesu, sein Wirken, seinen Tod, seine Auferstehung, in Worte zu bringen. Wenn wir das Neue Testament verstehen wollen, müssen wir das Alte Testament kennen und es beim Lesen des Neuen Testamentes immer wieder heranziehen.
 
(Nachschrift von Teilen des Gespräches. Es gilt das gesprochene Wort.)